Das ist sie nun, die Grande Île, die grosse, die rote Insel – bei Ankunft in der Hauptstadt präsentiert sie sich erst einmal schwarz. Schwarz der Abendhimmel über der Grossstadt Antananarivo, schwarz der Smog, der uns am nächsten Tag aus der Stadt begleitet. Schwarz die niedergebrannten Felder, die traditionell mittels Brandrodung fruchtbar gemacht werden sollen und die anstelle der einstigen Urwälder die zentralen Ebenen der Insel bedecken. Nach einer kurzen Anbauphase wird die dünne nährstoffarme Erdschicht erodiert sein, zurück bleibt der rote Laterit, der ihr den Beinamen «l‘île rouge» einträgt.
Madagaskar, der 6. Kontinent, ist bekannt als ein Paradies der Biodiversität und doch ein politisch und ökologisch gebeuteltes Land. Die Armut bedroht den natürlichen Reichtum der Insel, Wälder werden für Reisanbau und Viehzucht abgebrannt, Urwaldriesen wie Rosenholz und Palisander für den Export nach Übersee gefällt und illegal verschifft. Wer soll es sich leisten, an Naturschutz zu denken, wenn die Familie ernährt werden will? Unsere ethnobotanische Reise führt uns in den tropisch-feuchten Norden der Insel, wo ein Hoffnung spendendes Projekt einen Weg zur Erhaltung der Biodiversität aufzeigt und eine ganze Region nachhaltig unterstützt: Mit einer Landwirtschaftsform, die in die bestehenden Wälder integriert ist und sie schützt (Agroforestry), mit einer Kooperative, der über 2000 Kleinbauern angeschlossen sind, und mit einer Infrastruktur, die auf Bildung und medizinische Versorgung setzt.
Nach einer rund zwanzigstündigen Fahrt durch das Gebirge, durch karge, rote Täler und Ebenen, wandelt sich die Landschaft. Unser Auge freut sich an jedem Bunt, an den das Blau des Himmels spiegelnden Flussläufen, die von riesigen Mangobäumen beschattet werden, an leuchtenden Chamäleons am Strassenrand, an den bunt gemusterten Gewändern der Menschen. «Salut, vazaha!», – hallo, Weisse – ruft man uns durchs Fenster zu, und endlich verdichten sich die grünen Flecken zum Garten Eden: Wir sind angekommen im Mikroklima des Sambirano, wo die Erde dampft und uns die Schwüle umarmt – denn wir sind hier nicht nah genug an der Küste, wo die Meeresbrise stets für Erfrischung sorgt. Unweit des Kanals von Mosambik ist die Umgebung des Provinzstädtchens Ambanja geprägt von üppig-grüner Vegetation. Hier trägt der Ylang Ylang-Baum seine zitronengelben Duftblüten. Die tropische Feuchte mit beinahe täglichen Regengüssen bietet ideale Bedingungen für die Landwirtschaft, von der ca. 60 % der Bevölkerung leben. Die wichtigste Nutzpflanze ist Kakao, ausserdem wird hier eine Vielfalt an Aromapflanzen kultiviert – natürlich auch von unserer Bio-Fairtrade-Kooperative: Die hiesigen ätherischen Öle von Ylang Ylang, Rosa Pfeffer, Ravintsara, Vetiver u.a. tragen im farfalla-Sortiment das Label «Grand Cru».